Ich stelle den Motor des KIA Picantos ab, den ich am Eingang des Flüchtlingslagers geparkt habe. Das Auto ist vollbeladen mit verschiedenem pädagogischem Material. An diesem Nachmittag werde ich ein Lehrertraining zum Thema Konzentration und Feinmotorik für jene Lehrer durchführen, die im Vorschulbereich unterrichten.
Die Lehrer, die kommen werden, sind alle Syrer, die aufgrund des Bürgerkriegs in dieses Land geflohen sind. Sie leben alle in dieser Gegend in verschiedenen Zeltansammlungen und unterrichten syrische Kinder.
Ich selbst lebe seit mehr als einem Jahr hier. Vom Beruf her bin ich Heilpädagogin B.A. Als ich von der Situation der Geflüchteten aus Syrien hier hörte, sowie von der großen Zahl der syrischen Kinder, die zurzeit keinen Zugang zu Bildung haben, war ich tief betroffen. Ich entschied mich dafür, hier zu leben und durch mein Dasein und über meine Profession einen Unterschied in dem Leben der Geflüchteten und insbesondere der Kinder zu machen.
Ein Schwerpunkt meines Alltags ist der Sprachunterricht. Dafür gehe ich nicht an eine Sprachschule, sondern 4-5 Tage die Woche zu meiner syrischen Sprachhelferin nach Hause in ihr Zelt. Über diesen Weg, der ja mitten im Familiengeschehen stattfindet, bekomme ich einen tiefen Einblick in ihr alltägliches Leben, ihre Werte und Kultur.
Nun freue ich mich auf das Miteinander im Lehrertraining, das in Kürze stattfinden wird. Mit den Ideen, die ich mitbringe, möchte ich die Lehrer dabei unterstützen, den Anforderungen und Schwierigkeiten, die bei den Kindern beim Lernen auftreten, besser begegnen können. Viele Schüler und Lehrer haben traumatische Erlebnisse hinter sich und leben nun mit ihren Familien in beengten und teilweise prekären Verhältnissen in den Flüchtlingslagern. Dies bleibt natürlich nicht ohne Auswirkungen auf den Schulalltag sowie die Leistungen der Kinder.